„Drei vor 12“: Hausärzt*innen in Berlin und Brandenburg schlagen Alarm

Die hausärztliche Versorgung in Berlin und Brandenburg steht vor einer ernsten Herausforderung: Die Entbudgetierung, ein zentraler Baustein für die wirtschaftliche Stabilität der Praxen, bleibt weiterhin ungeklärt. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Hausärzteverbands Berlin und Brandenburg, die alarmierende Ergebnisse liefert. Die Ärztezeitung berichtet darüber.
Praxisaufgaben und Nachwuchsmangel drohen
In der
Befragung, an der 262 Mitglieder teilnahmen, äußerten 89 Prozent der
angestellten Ärzte und Ärztinnen sowie Ärzte in Weiterbildung, dass sie sich
aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen gegen eine Niederlassung entscheiden
würden. Besonders besorgniserregend: Über die Hälfte der bereits
niedergelassenen Hausärzt*innen zieht in Betracht, ihre Praxis zu schließen
oder ihren KV-Sitz aufzugeben.
Die Gründe
für diese Entwicklung sind vielfältig: Die geplante Entbudgetierung liegt auf
Eis, das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) wurde im Bundestag
blockiert, und zentrale Entlastungsmaßnahmen wie die Einführung einer
Bagatellgrenze bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen lassen auf sich warten.
Wirtschaftliche Unsicherheit lähmt
Die
Ergebnisse verdeutlichen, wie tief die Unsicherheit unter den Hausärzt*innen
sitzt:
- 152 Teilnehmende gaben an, sich von der Politik nicht wertgeschätzt zu fühlen.
- 120 äußerten ernsthafte Sorgen, wie sie künftig ihr Personal finanzieren sollen.
- Die Einstellung von Physician Assistants oder Primary Care Manager*innen bezeichnen 84 Befragte als „illusorisch“.
- Ein Fünftel der Ärzt:innen gibt offen zu, sich in der aktuellen Situation verzweifelt zu fühlen.
Ein weiteres
Ergebnis der Umfrage: 133 Ärzt*innen halten es für unrealistisch, ihre
Arbeitsbelastung in der Praxis noch weiter zu steigern.
„Reale Bedrohung der Versorgung“
„Die wirtschaftliche
Unsicherheit und die mangelnde Wertschätzung durch Politik und Krankenkassen
wirken sich massiv auf die Niederlassungsbereitschaft aus“, erklärt Kahina
Toutaoui, Vorstandsmitglied des Hausärzteverbands Berlin und Brandenburg.
Besonders dramatisch sei die Zurückhaltung junger Ärzt*innen, die sich eine
Niederlassung kaum vorstellen könnten.
Doris
Höpner, Vorsitzende des Verbands, sieht in den aktuellen Entwicklungen eine
ernsthafte Gefahr: „Die Gedankenspiele zur Praxisaufgabe und die geringe Niederlassungsbereitschaft
stellen eine reale Bedrohung für die hausärztliche Versorgung dar.“
Politik bleibt untätig
Trotz
intensiver Bemühungen, die Situation den Berliner Bundestagsabgeordneten
näherzubringen, blieb eine wirkungsvolle Reaktion bislang aus. „Abgesehen von
vagen Vertröstungen nach dem Wahlkampf kam nichts zurück“, sagt Höpner
enttäuscht.
Die FDP brachte zwar jüngst einen Antrag ein, die hausärztliche Versorgung von mengenbegrenzenden oder honorarmindernden Maßnahmen auszunehmen. Doch die notwendige Entlastung der Hausärzt*innen bleibt weiterhin aus.
„In unseren Praxen steht es drei vor zwölf“, mahnt Sandra Blumenthal, Co-Vorsitzende des Verbands. Ohne schnelle politische Maßnahmen droht eine weitere Verschärfung der Versorgungslage in der Region.









