Bezirke machtlos
Das Thema „Versorgungssteuerung“ bleibt ein leidiges, strittiges Thema zwischen der KV Berlin und den Bezirken.

Ein neues Gutachten bringt weiter Fahrt in das Thema „Versorgungssteuerung“. Im Gutachten „Regionale ambulante Versorgung“ der Gesundheitswissenschaftler*innen Verena Vogt, Raimund Geene und Laurette Rasch von der Berlin School of Public Health, einer institutsübergreifenden Einrichtung der Alice-Salomon-Fachhochschule und der Technischen Universität Berlin geht es um ärztliche, ambulante Versorgung in den Ost-Außenbezirken Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick und Lichtenberg. Auftraggeber des Gutachtens ist das Kommunalpolitische Forum unter Leitung des Lichtenberger Bezirksbürgermeisters Michael Grunst.
„Freie“ Hausarztsitze nicht komplett vergeben
Das Gutachten bestätigt nochmal, was die KV Berlin ja bereits mit der „neuen“ Bedarfsplanung in 2020 hinsichtlich der hausärztlichen Versorgung zu beheben versuchte: ein großer Mangel an insbesondere hausärztlicher Versorgung in den Ost-Außenbezirken. Genau deshalb wurden beispielsweise im November/Dezember vergangenen Jahres 131 „freie“ Hausarzt-Sitze für die obig genannten Ost-Bezirke verteilt. Aus zuverlässigen Quellen ist aber zu erfahren, dass diese Sitze mangels Anzahl der Bewerbungen nicht vollständig verteilt werden konnten.
„Die kommunalen Handlungsmöglichkeiten sind, insbesondere was die ‚großen Lösungen‘ angeht, deutlich begrenzt“ – so das Fazit der drei Wissenschaftler*innen des aktuellen Gutachtens in der Berliner Morgenpost.
Ungleichheiten sogar in Mitte
Dieses aktuelle Gutachten im Auftrag des Lichtenberger Bezirksbürgermeister reiht sich ein in weitere Gutachten, die ein ähnliches Bild abgeben. So zeigte eine frühere Untersuchung vom Bezirksamt Lichtenberg in Kooperation mit dem Bezirksamt Neukölln, dass trotz einer höheren sozialen und gesundheitlichen Belastung der Bewohner, in diesen Bezirken eine unterdurchschnittliche Hausärztedichte vorliegt. Darüber hinaus kommt es auch innerhalb der Bezirke zu ausgeprägten Variationen. Selbst in Berlin-Mitte wurde in einer vom Bezirk Mitte in Auftrag gegebene Studie
vom November 2019 bei nahezu allen Arztgruppen ausgeprägte innerbezirkliche Ungleichheiten in der ambulanten Versorgung dargestellt.
Kritik an der KV
Einige Ostberliner Politiker*innen sparen auch nicht mit Kritik an der KV Berlin. Diese habe das Problem der Ungleichverteilung der Ärzte in Berlin lange ignoriert. Neben „Zwangsumzügen“ von Praxen beispielsweise orientiert nach einem Sozial-Index fordern einige Politiker*innen unter anderem auch, dass die Kommunen mehr Mitspracherechte bei der Ärzteverteilung bekommen.
„In der Beratungspraxis erleben wir, dass solche politischen Ränkespiele leider mitunter auf dem Rücken der Ärzte ausgetragen werden“, erklärt Robert Krüger Kassissa von „Wir haben Praxis.“. So zeigt sich in manchen Fällen, dass Krankenkassen, die in dieser Frage eher auf Seiten der Lokalpolitiker*innen zu stehen scheinen, bei Ausschreibungen beispielsweise in Widerspruchsverfahren gehen, um Ihr Anliegen – mehr Ärzte für die Ostbezirke – durchzusetzen.
Lokale Gesundheitszentren als Lösung
Um insbesondere auch in Stadtteilen mit schlechter sozialer Lage den Zugang zur medizinischen Versorgung zu gewährleisten, kommen sogenannte lokale Gesundheitszentren ins Gespräch. In Hamburg hat der Senat bereits Gelder für sieben solcher multiprofessionellen Gesundheitszentren genehmigt. Auch in Berlin-Neukölln soll das zukünftige Zentrum des Gesundheitskollektivs hier mehr Abhilfe schaffen.









