iMVZ-Verbot: „Gegenseite“ bringt sich in Stellung

Investoren halten sich mit Praxiskäufen derzeit zurück und mit Spannung wird Lauterbachs Gesetzentwurf gegen die „Heuschrecken-Investoren“ erwartet. Derweil bringen sich diese iMVZ in Stellung und warnen.
Schon lange wird politisch diskutiert, wie mit den Investoren-MVZ umzugehen ist.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigte an, im ersten Quartal
2023 ein Gesetz vorzulegen. Die politischen und Marktakteure bringen
sich derweil in Stellung. So hat die Bundesärztekammer bereits ein Positionspapier
zu diesem Thema veröffentlicht.
Aber auch die Fürsprecher der iMVZ legten nach. Der Bundesverband der Betreiber Medizinischer Versorgungszentren (BBMV) und der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin e. V. (ALM) haben ein Memorandum
veröffentlicht. In bisherigen Studien gäbe es keine Anhaltspunkte dafür, dass unterschiedliche Kapitalgeberstrukturen die ambulante Versorgung verschlechterten oder verteuerten. Wenig verwunderlich verwahrt sich der Bundesverband gegen gesetzliche Regulierungen: „„Ein qualitätsorientierter Wettbewerb in der medizinischen Versorgung braucht keine weiteren Einschränkungen.“, so der Vorsitzende der Akkreditierten Labore in der Medizin e.V., Dr. Michael Müller. „Es ist fraglich, wie weitere Beschränkungen die ambulante Versorgungssituation verbessern sollen. Mit dem vorgelegten Memorandum leisten ALM und BBMV einen wichtigen Diskussionsbeitrag. Es ist an der Zeit eine breitere öffentliche Debatte über die geplanten Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu führen, vor allem aber auch mit den Beteiligten selbst, anstatt über nur über sie.“ so Müller weiter.
Klar ist: Der ambulante Gesundheitsmarkt in Deutschland ist riesig und lukrativ. So wurden 2020 mehr als 213 Milliarden Euro im ambulanten Bereich ausgegeben, davon entfielen laut Zahlen des statistischen Bundesamtes fast 90 Milliarden auf Arzt- und Zahnarztpraxen. Das Handelsblatt berichtet von einer Marktanalyse der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG). Von insgesamt 572 Transaktionen in den Jahren 2015 bis 2020 wurden mehr als 60 Prozent der Zukäufe im ambulanten Bereich getätigt.
„Unklug, eine Tür zu verschließen“
Von einer Verdrängung der Einzelpraxen durch iMVZ könne aber keine Rede sein. Fast 80 Prozent der medizinischen Versorgung werden immer noch von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Praxen sichergestellt. Ein Ausschluss von nicht-ärztlichen, privaten Kapitalgebern als Gründer von solchen MVZs könne sich sogar negativ auf die Versorgung, insbesondere in ländlichen Gebieten auswirken. Selbst manche Politiker teilen diese Ansicht: „Ich glaube, dass wir Investoren-MVZ nicht per se verteufeln sollten. Denn sie können auch dazu beitragen, dass in ländlichen strukturschwachen Regionen überhaupt noch Versorgung stattfindet. Das ist bei Augenarztpraxen und bei Radiologiepraxen teilweise jetzt schon so. Es wäre unklug, eine Tür zu verschließen, die dazu beiträgt, Patienten gut zu versorgen“, so der Chirurg und neue niedersächsische Gesundheit- und Sozialminister Dr. Andreas Philippi in einem Beitrag des Ärztenachrichtendienstes (aend.de).
Vielleicht ist die ganze Aufregung auch umsonst und es kommt gar nicht so gravierend, denn die Bundesregierung teilte zum Beispiel in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU unter anderem mit
:„Der ärztlichen Leitung im MVZ ist gesetzlich eine ausdrückliche Schutzfunktion zur Abschirmung der ärztlichen Behandlungstätigkeit vor sachfremder Einflussnahme zugewiesen. Dem Bundesgesundheitsministerium liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass ärztliche Leiterinnen und Leiter diese Aufgabe in investorenbetriebenen MVZ unzureichend erfüllen. Gleichwohl ist es zielführend, die Stellung der ärztlichen Leitung im MVZ für die Zukunft noch weitergehend abzusichern.“
Und Dr. Moritz Ulrich, Medizinrechtler der Kanzlei Mazars, weist in einem Beitrag daraufhin, dass die MVZ-Ketten einen erheblichen Beitrag zur ambulanten und stationären Versorgung leisten, indem sie Krankenhäuser am Leben halten, die sonst in die Insolvenz gegangen wären. Zudem:„Das ApoG regelt ein strenges Drittbeteiligungsverbot an Apotheken. Leitbild ist der ,Apotheker in seiner Apotheke'. Apotheken werden von Internetapotheken, aber auch von Anbietern wie Amazon und Apple (zukünftig) überrollt. Wenn wir es nicht schaffen, moderne Strukturen für Investitionen zu entwickeln, nehmen uns andere und vor allem die Patienten, denn um diese geht es, die Entscheidungen ab", so Anwalt Dr. Ulrich.









