Die „bösen“ Investoren?
Die Anzahl der Finanzinvestoren in der Gesundheitsversorgung steigt. Das ruft gemischte Gefühle hervor. Droht ein gesetzliches Verbot?

Die kritischen Stimmen gegen die investorengetriebenen MVZ-Ketten in der Zahn- und Humanmedizin werden immer lauter. So warnte der bayrische Gesundheitsminister Holetschek (CSU) im Ärzteblatt vom 25. Oktober 2021 vor der Gefahr, dass renditeorientierte Investoren auf die Gesundheitsversorgung Einfluss nehmen und die bisherigen Schutzmaßnahmen dagegen nicht ausreichen. Auch Walter Plassmann, scheidender Hamburger KV-Vorsitzender forderte am 3. September 2021 ein Moratorium für MVZ-Gründungen durch Krankenhäuser, die durch Private-Equity-Kapital finanziert werden. Private-Equity-Kapital hat in gewissen Kreisen hierzulande seit jeher nicht den allerbesten Ruf. Der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering verglich deren ökonomisches Agieren im Frühjahr 2005 mit Heuschreckenplagen.
Die KVen wollen selbst mitspielen
Die Beteiligten an der Verbotsdiskussion verfolgen unterschiedliche Ziele. „KVen möchten dauerhaft und erfolgreich MVZ-Strukturen betreiben, die den Ärzten nahestehen“, so der Medizinrechtler Hans-Joachim Schade von der Kanzlei Broglie, Schade & Partner GbR in einem aktuellen Statement. Die KVen möchten selbst als MVZ-Ketten-Betreiber auftreten und damit den etablierten Betreibern den Rang ablaufen oder so das Problem Ärztemangel mehr in den Griff bekommen. Jüngst wurde ja auch in Berlin die KV Praxis Berlin GmbH gegründet, um ab 2022 Hausarztpraxen mit angestellten Ärzt*innen in Ost-Berlin zu betreiben.
„Ökonomisierung der Medizin“
Auch aus Kreisen der KV Berlin ist zu vernehmen, dass das verstärkte Auftreten der Investoren mit Argwohn betrachtet wird. So schreibt der stellvertretende Vorstandsvorsitzender der KV Berlin, Günter Scherer, im Vorwort des aktuellen KV-Blattes über die „Ökonomisierung der Medizin“: „Und was macht die Politik? Nichts. Sie schaut zu. Alle Versuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, eine gesetzliche Begrenzung im Interesse der Patientenversorgung durchzusetzen, sind gescheitert. Ob der Regierungswechsel zu einem Erwachen führt, bleibt abzuwarten.“ In der Zahnmedizin sind solche Investoren schon fest etabliert, doch auch in der Humanmedizin (in vielen Fachgruppen) greift der Trend rasant um sich.
Sinken die Kaufpreise?
Für Praxisnachfolgen, die je nach Fachgruppe selbst in der sonst eigentlich nachgefragten Bundeshauptstadt immer schwieriger werden, könnte ein eventuelles Verbot der Finanzinvestoren große Auswirkungen haben. Denn droht ein wirkliches Verbot, würden die Investoren bis zur Wirksamkeit der Gesetzgebung unter Umständen nochmal auf „Einkaufstour“ gehen, um in den Genuss des Bestandsschutzes zu kommen. „Gewinn-, renditeorientiert“ oder auch „kapitalorientiert“ passen für einige Funktionäre und Gesundheitspolitiker*innen nicht in die Gesundheitsversorgung. „Nicht nachvollziehbar, denn schließlich üben auch niedergelassene Ärzte ihre Tätigkeit auch zur Gewinnerzielung aus und sehen in einer hohen Vergütung auch einen adäquaten Ausgleich für ihre Verantwortung“; so Medizinrechtler Hans-Joachim Schade. Entsprechend passen auch hohe Kaufpreise für Arzt- und Zahnarztpraxen für manche nicht ins Bild. Sollten in Zukunft daher die KVen als Praxisbetreiber an die Stelle der Investoren treten, würde dies sicherlich auch dazu führen, dass die Kaufpreise für Praxen sinken werden. Denn die KVen als Körperschaften körperlichen Rechts haben natürlich kein Interesse daran, gleiche Kriterien wie die „Heuschrecken“ anzulegen.









